Nach Fall Peng Shuai Farbe bekennen: IOC muss Schutz von Athlet*innen und Wahrnehmung menschenrechtlicher Verantwortung zur obersten Priorität machen
Berlin, 6. Dezember 2021. Der Fall der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai und damit verbunden das Vorgehen des IOC haben bei Athleten Deutschland große Sorgen und Unverständnis ausgelöst. Der fragwürdige Umgang mit Peng Shuai hat unsere Zweifel an den handlungsleitenden Motiven des IOC erneuert. Das scheinbar absichtliche Ausklammern des dreiwöchigen Verschwindens Peng Shuais und der von ihr erhobenen Missbrauchsvorwürfe in seinen beiden Stellungnahmen (hier und hier) lässt befürchten, dass das IOC politischen und wirtschaftlichen Interessen größeren Stellenwert beimisst als dem Schutz von Athlet*innen.
Der Fall Peng Shuai bestätigt ein wiederkehrendes Verhaltensmuster im Umgang mit Athlet*innen, deren fundamentale Rechte verletzt werden und die von Gewalt, Diskriminierung, Verfolgung oder Repressionen betroffen sind: Das IOC weicht aus, zögert oder weist Verantwortung von sich. Für Athleten Deutschland haben solche Vorkommnisse Fragen aufgeworfen, die weit über den Fall Peng Shuai hinausgehen.
Maximilian Klein, zuständig für internationale Sportpolitik, fordert: „Die weltweit mächtigste Organisation des Sports muss unmissverständlich klarstellen, dass der Schutz der Athletinnen und Athleten, und nicht der Schutz von wirtschaftlichen und politischen Interessen, oberste Priorität hat. Das IOC muss jetzt Farbe bekennen, seiner menschenrechtlichen Verantwortung nachkommen und endlich im Einklang mit seinen Idealen handeln.“
Die folgende Stellungnahme im Vorfeld der dieswöchigen Sitzung des IOC-Exekutivkomitees und des Olympic Summits befasst sich deshalb – ausgehend vom Fall Peng Shuai – mit dem Schutz der Athlet*innen bei den bevorstehenden Winterspielen, der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht des IOC im Allgemeinen sowie im Hinblick auf Beijing 2022. Das IOC muss u.a. die folgenden Maßnahmen ergreifen, um sein Schweigen zu brechen und im Einklang mit seinen Idealen seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen:
- Beweise für Peng Shuais Sicherheit liefern und auf eine unabhängige Untersuchung bestehen,
- Schutz von Athlet*innen zu seiner handlungsleitenden Maxime machen,
- Sicherheit und Schutz bei den Winterspielen gewährleisten,
- Menschenrechtsbekenntnis leisten und eine Menschenrechtsstrategie umsetzen,
- menschenrechtliche Risikoanalyse vorlegen und Chinas schriftliche Zusagen zu Menschenrechten bei den Winterspielen veröffentlichen sowie
- Klarheit zu ungenutzten Handlungsspielräumen für Menschenrechtsstandards bei den Winterspielen schaffen.
Als maßgebliche Finanziers des Sports sollten zudem Staaten und Sponsoren das IOC und die Verbände in die Pflicht nehmen und auf die Wahrung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten bestehen. Deren Einhaltung muss Grundvoraussetzung für die Unterstützung von Sponsoren oder der öffentlichen Hand sein. Wir sind hoffnungsvoll, dass die künftige Bundesregierung national wie international einen gewichtigen Beitrag zur Stärkung von Menschenrechtsaspekten im Sport und damit zur Verwirklichung der Menschenrechte leisten wird.
Untenstehend finden Sie unsere ausführliche Stellungnahme.