Meinungsfreiheit von Athlet*innen, Pressemitteilung, Schutz

Stellungnahme zur Überprüfung von Regel 50 der Olympischen Charta

Berlin, 11. Juni 2020. Athleten Deutschland begrüßt den Vorstoß von Thomas Bach, die Regel 50 der Olympischen Charta und das damit einhergehende Verbot politischer Proteste zu überprüfen. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Sport kann nur toleriert werden, wenn Athlet*innen und Verbände mögliche Grenzen gemeinsam definieren und damit durch einen gemeinsam ausgehandelten Konsens legitimieren. 

Um ein ernstgemeintes und nachhaltiges Konsultationsverfahren mit den Athlet*innen zu ermöglichen, erwarten wir von der IOC-Athletenkommission und der IOC-Führung die Beachtung und vollständige Umsetzung folgender Prinzipien: 

1. Echte Teilhabe 
Das Konsultationsverfahren und eine Anpassung der Regel 50 müssen auf dem Feedback der Athletenvertreter*innen fußen. Auch unabhängige Athletenvertretungen, die olympische Athlet*innen vertreten, müssen gleichberechtigt einbezogen werden. Alle Teilnehmer*innen müssen  vor Beginn der Konsultation  die Rahmenbedingungen des Verfahrens gemeinsam festlegen.

2. Transparenz 
Feedback muss öffentlich zugänglich und sichtbar gemacht werden. Sollten Rückmeldungen abgelehnt oder nicht berücksichtigt werden, muss dies von der IOC-Athletenkommission begründet werden. 

3. Rechenschaftspflicht 
Das IOC-Exekutivkomitee muss sich zur Umsetzung der Konsultationsergebnisse bekennen. Es muss transparent darüber berichten, wie diese in die Entscheidungsfindung zur Überprüfung der Regel 50 eingeflossen sind.  

Johannes Herber, Geschäftsführer von Athleten Deutschland, ergänzt: „Ich halte es für gefährlich, vorab mögliche Änderungen der Regel 50 auf den Regelungsgegenstand der Olympischen Charta zu begrenzen. Denn ein Bekenntnis zu fundamentalen Menschenrechten ist darin nicht erwähnt. Das Prinzip der Nicht-Diskriminierung in der Olympischen Charta ist wichtig, deckt aber viele weitere schützenswerte Rechte nicht ab.“  

Vor diesem Hintergrund verweisen wir auf die Forderung nach der Aufnahme eines achten fundamentalen Prinzips des Olympismus in die Olympische Charta. Dieses hat die Beachtung aller international anerkannten Menschenrechte zum Inhalt und wurde von Athleten Deutschland gemeinsam mit weiteren Athletenvertretungen aus anderen Ländern bereits im Oktober 2019 vergeblich eingefordert. 

Maximilian Klein, Beauftragter für internationale Sportpolitik bei Athleten Deutschland: „Bisherige Konsultations- und Beteiligungsverfahren haben grundlegend demokratischen Standards ungenügend entsprochen. Die Einbindung der Athletenschaft rund um die Verschiebung der Olympischen Spiele war unzureichend; das angekündigte Konsultationsverfahren zur Regel 40 hat bis heute nicht stattgefunden. Wir lassen uns natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen und erwarten bis Ende Juni eine zügige Initiierung des Prozesses.“