Gewalt und Missbrauch, Pressemitteilung, Schutz

Zentrum für Safe Sport: DOSB und Athleten Deutschland veröffentlichen initialen Aufschlag für den Safe Sport Code (SSC) und korrespondierendes Rechtsgutachten

Berlin, 26. März 2024. Am heutigen Tag veröffentlichen DOSB und Athleten Deutschland den Entwurf eines initialen Safe Sport Codes (SSC) und das korrespondierende Rechtsgutachten zur Erarbeitung rechtlicher Grundlagen für eine effektive Aufgabenwahrnehmung des Zentrums für Safe Sport (ZfSS).

Der inhaltliche Fokus der Leistungsbeschreibung konzentrierte sich auf vielfältige Fragestellungen in drei Bereichen:

  1. Erstellung eines Safe Sport Codes mit materiellem und prozessualem Teil („SSC“)
  2. Organisatorische Ausgestaltung des Zentrums für Safe Sport („Governance“)
  3. Anwendungsbereich und Implementierung des SSC

Das Gutachten der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein (ASD) liefert hierzu auf 285 Seiten Antworten und Einschätzungen. Es benennt entsprechende Lösungskorridore und Herausforderungen beim weiteren Aufbau des Zentrums (s. Hintergrundinformation 2).

Maximilian Klein, bei Athleten Deutschland für Sportpolitik zuständig: „Mit dem Safe Sport Code liegt nun ein Vorschlag für ein übergeordnetes und harmonisiertes Regelungssystem aus sportinternen Ansprechstellen und dem unabhängigen Zentrum für Safe Sport vor. Der Code normiert verbotene Handlungen und Missstände in Sportorganisationen und verankert ein Recht des Zentrums, unter bestimmten Voraussetzungen Aufarbeitungsprozesse einzufordern.“

Damit einher geht ein Vorschlag für eine Zuständigkeitsverteilung zwischen organisiertem Sport und ZfSS bei der Bearbeitung entsprechender Safe Sport Verstöße (s. Grafik). Der SSC enthält zudem einen Vorschlag für eine mögliche Verfahrensordnung des ZfSS. Die Verfahrensweise nach dem SSC berücksichtigt u.a. verschiedene Szenarien für Meldungseingänge, harmonisierte und einheitliche Abläufe, z.B. an den Schnittstellen zwischen den Sportorganisationen und dem ZfSS, sowie nachgeordnete Verfahrensabläufe für Untersuchungs-, Sanktions- und Rechtsmittelverfahren.

Nadine Dobler, Ansprechperson bei der Anlaufstelle Anlauf gegen Gewalt und Expertin aus Erfahrung: „Im vorgeschlagenen System kann mit dem erfahrenen Leid von Betroffenen wirksamer umgegangen werden. Unsere tägliche Arbeit im Umgang mit Gewaltfällen im Sport führt uns immer wieder vor Augen, dass unklaren Melde- und Verfahrenswegen, fehlenden Handlungsbefugnissen und unzureichender Fallbearbeitung Einhalt geboten werden muss.“

Voraussetzung ist, dass die Sportorganisationen das Regelwerk akzeptieren und sich dem Regelungssystem anschließen („Bindungswirkung“). Die Ergebnisse des Gutachtens verdeutlichen u.a.: Die Herstellung jener Bindungswirkung im Breitensport ist mit großen Herausforderungen verbunden und erfordert ein Mitwirken der Vereine und Verbände. Die Beratung von Betroffenen soll aus rechtsstaatlichen Erwägungsgründen institutionell von Untersuchungs- und Sanktionskapazitäten abgetrennt werden. Die privatrechtliche Stiftung kommt als Organisationsform mit größtmöglicher Unabhängigkeit am ehesten in Frage. Gesetzgeberische Tätigkeit, beispielsweise im Datenschutzrecht, wäre nötig, um Rechtssicherheit und die Funktionalität des Systems zu gewährleisten.

Eine eingehende Befassung mit den Ergebnissen des Gutachtens halten wir im weiteren Aufbauprozess des Zentrums für unerlässlich. Gleiches gilt auch für die Umsetzung des Zukunftsplans Safe Sport, der den strategischen Rahmen des organisierten Sports bildet.

Die Schaffung einer neuen, unabhängigen Struktur und eines übergeordneten Regelungssystem ist auf die Akzeptanz aller beteiligten Akteure im Safe-Sport-Ökosystem angewiesen. Für den Aufbauprozess des Zentrums ist eine gelingende Koordinierung mit dem organisierten Sport und laufenden sportinternen Prozessen unabdingbar.

Aus unserer Sicht bedarf es nun Klärung, welche Aufgaben des ZfSS realistisch, zeitnah und rechtssicher umsetzbar sind, ohne dabei die nötige strategische Weitsicht aus dem Blick zu verlieren (s. Hintergrundinformation 1 und Grafik). Hierzu ist eine geteilte Vision für die künftige Integritätsarchitektur im Breiten- und Leistungssport in Deutschland nötig, um Zukunftsszenarien mit korrespondierenden Entwicklungspfaden zu beschreiben. Nur so können alle Beteiligten ihr Handeln auf ein gemeinsames Ziel ausrichten.

Wir wollen unser intensives Engagement der vergangenen Jahre für Betroffene und das Zentrum für Safe Sport fortsetzen und uns in die weiteren Aufbauarbeiten einbringen. Zum weiteren Verfahren werden derzeit Abstimmungen vorgenommen. Wir danken allen Beteiligten und dem Team von ASD für die gute und konstruktive Zusammenarbeit.