Meinungsfreiheit von Athlet*innen, Pressemitteilung, Schutz

Regel 50: Reaktion auf die Erlaubnis zum Einsatz für Vielfalt und Toleranz auf dem Spielfeld

Berlin, 22. Juli 2021. Athleten Deutschland freut sich mit und für Nike Lorenz, Kapitänin der deutschen Hockey-Nationalmannschaft, der das Tragen einer Regenbogenbinde als Symbol für Diversität und Toleranz vom IOC und Weltverband FIH gestattet wurde. Die Erlaubnis erfolgte auf gemeinsamen Antrag des DOSB und des Deutschen Hockey-Bunds.

Bereits im September 2020 hatte Athleten Deutschland in seinem Positionspapier zur Meinungsfreiheit von Athlet*innen einen ähnlichen Prüfprozess angeregt. Wir forderten bisher vergeblich eine Klärung, „ob und in welcher Form eine Vorab-Prüfung zur Zulässigkeit von bestimmten (insbesondere schriftlichen und symbolischen) intendierten Meinungsäußerungen im direkten Wettkampfumfeld eingerichtet werden kann.“ Eine solche Vorabprüfung ist nun offenbar als Reaktion der Verbände auf den mutigen Einsatz einer Athletin erfolgt.

Zwar wurde das pauschale Verbot von Äußerungen („expressions“) während sportlicher Wettbewerbe auf dem Spielfeld („field of play“) erst vor Kurzem vom IOC bestätigt. Allerdings sind pauschale Einschränkungen der Meinungsfreiheit, etwa auf dem Spielfeld oder auf dem Podium, durch die heutige Entscheidung nicht länger aufrecht zu erhalten.

Nach dem heutigen Präzedenzfall sollte allen Athlet*innen die Möglichkeit einer solchen Antragstellung im Vorfeld von geplanten Äußerungen oder Statements offen stehen, um ihnen Sicherheit zu geben und Sorgen vor Sanktionen zu nehmen. Ein solcher Prozess sollte von unabhängigen Expert*innen aufgesetzt und begleitet werden.

Zudem herrscht weiterhin große Unklarheit und Verwirrung über den genauen Sanktionsprozess sowie Art und Grad möglicher Sanktionsmaßnahmen nach Verstößen gegen die Regel 50.2. Während die Weltverbände eigene Spielräume in der Regelauslegung haben, bleibt das genaue Zusammenspiel zwischen IOC, Weltverbänden und Nationalen Olympischen Komitees im Sanktionsfall unklar. Dieses Chaos wirkt abschreckend auf Athlet*innen, die geplante Statements unterlassen könnten, um sich und/oder ihre Teams zu schützen.

Bereits im April 2021 bat Athleten Deutschland den DOSB, „seine Rolle und mögliche Verantwortlichkeiten in der Sanktionspraxis von Regelverstößen zu prüfen.“ Zudem baten wir in Anlehnung an die Handhabung des U.S.-amerikanischen NOK darum, „von Sanktionen gegen deutsche Athlet*innen abzusehen, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung friedlich und im Rahmen der Werte unserer freiheitlichen-demokratischen Gesellschaft Gebrauch machen.“

Die dargelegten Problem- und Fragestellungen sind nicht neu und sollten Entscheider*innen in nationalen wie internationalen Verbänden seit Monaten bekannt gewesen sein. Die Prüfungs- und Sanktionierungsfragen wurden sowohl von Athleten Deutschland als auch von weiteren Athleten- und Spielervertretungen antizipiert und kommuniziert.

Deshalb ist es bedauerlich, dass es auch in Deutschland versäumt wurde, sich diesen Fragestellungen in einer über ein Jahr andauernden Debatte proaktiv und rechtzeitig zu widmen. Umso wichtiger ist die heutige Entscheidung für die Zukunft. Sie ist ein Signal der Hoffnung und eine Chance für den Sport, der es seinen Athlet*innen ermöglichen soll, sich friedlich und im Rahmen der Menschenrechte für Anliegen stark zu machen, die ihnen am Herzen liegen.

Position Zur Meinungsfreiheit Von AthletInnen (September 2020)

Reaktion Auf Die Empfehlung Zur Anpassung Der Regel 50 April 2021