Moritz Geisreiter berichtet von der Play The Game Konferenz 2019: „Es war zu spüren, dass Athleten zunehmend an Mitsprache gewinnen.“ –
Köln, 22. Oktober 2019. „Das Engagement des Athleten gibt es in verschiedenen Formen und Ausprägungen, aber es ist unbestreitbar und hoffentlich unwiderruflich. Es kann das Potenzial haben, die Welt des Sports zu verändern!“, sagte Jens Sejer Andersen, Internationaler Direktor bei Play The Game, in seiner Eröffnungsrede zur Play The Game Konferenz 2019 letzte Woche.
Die Konferenz fand dieses Jahr vom 13. – 17. Oktober in Colorado Springs in den USA statt. Über 300 Teilnehmer und 170 Referenten kamen vor Ort zum Meinungsaustausch zusammen. Play The Game ist somit eine der bedeutendsten Konferenzen für Sport und Politik weltweit. „Athlete power on the rise” war dieses Jahr das Thema und Athleten Deutschland hatte mit Präsidiumsmitglied Moritz Geisreiter einen Vertreter vor Ort. Moritz sprach ganz zu Beginn auf dem Panel „Advancing athlete power“ über die Entstehung und die Erfolge von Athleten Deutschland und die Regeländerung zur Rule 40. Im Anschluss war Moritz noch bis zum Ende der Konferenz dort und berichtet uns hier in einem Interview davon.
Hallo Moritz. Schön, dass du dir einen Moment Zeit genommen hast, um uns von der Play The Game Konferenz 2019 zu berichten. Was waren denn deine Eindrücke vor Ort?
Es war ein sehr spannendes, weil ziemlich kritisches, Treffen mit Leuten, die Sport neu denken oder hinterfragen möchten und neue Beiträge für den Sport leisten wollen. Deutlich spürbar war, dass die aktuellen Gegebenheiten der Sportwelt bewusst hinterfragt und konstruktiv diskutiert wurden. Es war ein sehr offenes Denken zu spüren, wo jede kritische Meinung Gehör gefunden hat und ausdiskutiert werden konnte. Auf den Panels hat man das gesehen und auch in den Gesprächen mit den Anwesenden und nicht zuletzt mit den Organisatoren selbst, die der Veranstaltung einen weitblickenden Charakter gegeben haben.
Was hast du für dich und für Athleten Deutschland mitgenommen?
Persönlich und für Athleten Deutschland habe ich eine riesen Portion Anerkennung mitnehmen können. Nicht nur unsere Erfolge für die Rule 40 wurden anerkannt, sondern gerade auch die Tatsache, dass wir es geschafft haben, mit der Gründung des Vereins eine vom DOSB unabhängige Organisation zu schaffen. Viele Governing Bodies im Sport zollen uns für diese selbst geschaffene Unabhängigkeit den größten Respekt. Unser Modell wird von den meisten Teilnehmern als zukunftsweisend empfunden.
Was glaubst du, können wir von den anderen internationalen Organisationen noch lernen?
Als Athletenvertretung sind wir bereits in einer Situation, in der andere Athletenvertretungen noch nicht sind, beziehungsweise erst noch dabei sind, sich eine unabhängige Situation zu schaffen.
Wir müssen lernen, dass es nicht unser Ziel sein kann, die Athletenvertretungen anderer Länder abzuhängen, so dass am Ende eine Kluft zwischen aufgeklärten und weniger aufgeklärten Athletenvertretungen entsteht.
Es waren auch viele Personen vor Ort, die immer wieder konstruktiv und kritisch das Sportsystem hinterfragt haben und verbessern wollen. Wir als Athleten Deutschland müssen auch immer weiter Fragen stellen und dabei keine Grenze verspüren. Wir sollten immer neugierig und respektvoll unsere Anliegen kommunizieren; national sowie international.
Wie würdest du die Stimmung vor Ort insgesamt beschreiben?
Die Stimmung war sehr sehr offen und diskussionsfreudig. Es gab Panels mit sehr verschiedenen Diskutanten, die man eigentlich nicht in einem konstruktiven Diskurs erwarten würde. Zum Beispiel Vertreter von RUSADA, USADA und Hajo Seppelt gemeinsam auf einem Panel. Dort wurde allerdings diskutiert und nicht gestritten oder Vorwürfe verteilt. Verantwortlich für diese Stimmung waren vor allem die dänischen Organisatoren, die durch ihre geschickte Moderationen die Diskussionen gut gelenkt haben, so dass auch bei stark divergierenden Meinungen das Gespräch auf einer konstruktiven Ebenen geführt werden konnte.
Insgesamt war die Grundhaltung zu spüren, dass Athleten international zunehmend Mitsprache gewinnen und dadurch auch zunehmend Verantwortung für ihren Sport und die Organisation und Ausrichtung ihrer eigenen Sportwelt übernehmen. Dieser Prozess ist sehr zuträglich für eine moderne, transparente und faire Sportwelt; nicht zuletzt im Hinblick auf die Verteilung von Finanzmitteln und der persönlichen Entwicklung von Athleten.
Unterstrichen wurde dies auch in der Schlussansprache von Jens Sejer Andersen, der die Veröffentlichung des offenen Briefs der Athletenvertreter an Thomas Bach zur Aufnahme der Menschenrechte als achtes Prinzip in die Olympische Charta als besonders wichtig betonte. Das, denke ich, sagt viel über die Grundhaltung der Organisatoren aus, die sich so auch auf die ganze Veranstaltung ausgewirkt hat.
Über Play The Game:
Play the Game ist eine Initiative des unabhängigen Danish Institute for Sports Studies (Idrættens Analyseinstitut – IDAN), das 2004 vom dänischen Kulturministerium gegründet wurde. Vorrangiges Ziel von IDAN ist es, eine breite Palette von sozialwissenschaftlichen Forschungsprojekten im Sportbereich zu initiieren und zu entwickeln, sportpolitische Initiativen zu analysieren und die öffentliche Debatte über die wichtigsten Themen des Sportsektors anzuregen.
Seit 1997 richtet es die internationale Play The Game Konferenz aus und hat sich darüber zu einer einzigartigen und unabhängigen Plattform für viele Themen rund um den modernen Sport entwickelt. In den letzten Jahren hat sich Play the Game konsequent auf drängende Herausforderungen wie die Nachhaltigkeit von Mega-Events, systemisches Doping und Strategien zur Förderung der Teilnahme und des Freiwilligendienstes im Sport und bei körperlichen Aktivitäten konzentriert.