Offener Brief: Wiederzulassung aller Rollstuhlbasketballer*innen für die Paralympischen Spiele in Tokio 2020
Berlin, 24. August 2020. Athletengruppen und -vereinigungen haben die Entscheidung des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) zur Kenntnis genommen, die Klassifizierungsregeln für Athlet*innen am Ende eines Paralympischen Zyklus zu ändern, was direkte und drastische Auswirkungen auf die Athlet*innen hat. Diese Athlet*innen haben jahrelang Opfer gebracht und mit unermüdlichem Einsatz darauf hingearbeitet, sich für die Spiele in Tokio zu qualifizieren. Sie wurden von der IWBF klassifiziert und für die Teilnahme an IWBF-Wettbewerben als teilnahmeberechtigt befunden.
Die alleinige Entscheidung des IPC, Spieler*innen aus ihren Teams zu werfen, die sich rechtmäßig für die Paralympischen Spiele in Tokio qualifiziert haben, aber nun eine negative Neubeurteilung zur Teilnahme berechtigenden Beeinträchtigungen erhalten, ist rechtswidrig und verletzt grundlegende Rechte der Athlet*innen.
Es ist dem IPC rechtlich nicht gestattet, einzelne Athlet*innen auszuschließen, die sich für die Spiele 2020 in Tokio qualifiziert haben und deren Teilnahmeberechtigung nach den Klassifizierungsregeln der IWBF formell nicht beanstandet wurde. Ferner ist es dem IPC rechtlich nicht gestattet, Rollstuhlbasketball so kurz vor Beginn der Paralympischen Spielen in Tokio gänzlich auszuschließen.
Mareike Miller, Kapitänin der deutschen Rollstuhlbasketballnationalmannschaft und Mitglied bei Athleten Deutschland: „Als Athlet*innen machen wir sowohl das IPC als auch die IWBF dafür verantwortlich, dass die jahrelang bekannten Probleme erst jetzt und nicht bereits viel früher angegangen werden. Der Reklassifizierungsprozess so kurz vor den Spielen ist eine unheimliche Belastung für die Athlet*innen und ihre Teams, die viel zu lang im Ungewissen gelassen und nicht eingebunden wurden.“
Das IPC hat von der IWBF Veränderungen gefordert. Allerdings hat das IPC bisher nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die IWBF zu suspendieren und den Sport auf Interimsbasis zu managen. Stattdessen werden die Rollstuhlbasketballer*innen mitten in eine Auseinandersetzung zwischen IPC und IWBF zu Governance-Fragen gezerrt. Dass das IPC diese einseitige und schwerwiegende Entscheidung ohne Einbindung von Athlet*innen getroffen hat, zeigt einmal mehr, wieso eine effektive und unabhängige Vertretung von Athlet*innen für Belange des IPC und der IWBF so wichtig ist.
Unter Athlet*innen und Rechtsbeiständen besteht international ein breiter Konsens darüber, dass die verspätete Reklassifizierung bestimmter Athlet*innen rechtswidrig ist und die Rechte der Spieler*innen grob verletzt. Daher muss den Bestrebungen des IPC entschieden zurückgewiesen werden, und das Problem muss zügig gelöst werden.
Mehrere Athletenvereinigungen haben einen gemeinsamen offenen Brief direkt an das IPC geschickt, in dem eine gütliche Lösung – die Zustimmung zu einer Übergangsperiode vor Tokio 2020 – bis spätestens 7. September 2020 gefordert wird.
Maximilian Klein, Beauftragter für Internationale Sportpolitik bei Athleten Deutschland: „Dass rechtmäßig qualifizierte Spieler*innen die Teilnahme an den Paralympischen Spielen verwehrt werden soll, ist grob ungerecht. Der Konflikt zwischen IPC und IWBF wird auf dem Rücken der Athlet*innen – und ohne deren Einbindung – ausgetragen. Wir werden gemeinsam mit den Spieler*innen und unseren internationalen Partnern weiter dafür kämpfen, Schaden von den Athlet*innen abzuwenden und eine gütliche Regelung im Interesse der Athlet*innen zu erzielen – nicht nur mit Blick auf Tokio 2020, sondern auch Paris 2024.“
Open Letter To The IPC Wheelchair Basketball (August 2020)