Verstehen, sehen und verändern – Wie können wir Rassismus im Sport entgegentreten?
Berlin, 30. April 2021. Rassismus im Leistungssport – (k)ein Thema? – geleitet von dieser Frage brachte Athleten Deutschland am vergangenen Montag erstmals Verbandspersonal und Athlet*innen in den Austausch.
Deborah Levi (Bob), Nike Lorenz (Hockey), Maryse Luzolo (Leichtathletik), Carlotta Nwajide (Rudern), Christoph Menke-Salz (Sportdirektor Deutscher Hockey Bund), Mario Woldt (Sportdirektor Deutscher Ruder Verband) und Annett Stein (Chef-Bundestrainerin Deutscher Leichtathletik Verband) diskutierten über ihre Erfahrungen mit Rassismus und darüber, wie anti-rassistisches Handeln im Verband aussehen kann.
Dass schwarze Menschen in Deutschland Rassismus erfahren, stehe außer Frage, sagte Carlotta Nwajide in ihrem Eingangsstatement. Der Sport könne sich davon nicht freisprechen. Das „Nicht-Sehen Wollen des strukturellen Rassismus im Sport” sei bisweilen schmerzhaft. Hockeyspielerin Nike Lorenz empfindet den Sport als gute Plattform, um über Rassismus aufzuklären und zu sensibilisieren. „Weil da so viel Leidenschaft und so viele Gefühle drinstecken, kann man die Menschen nochmal ganz anders erreichen.“
Sie berichtete von der Kampagne #SportGegenRassismus, die sie nach der Ermordung George Floyds ins Leben gerufen hatte. In ihrem Blog erzählt sie die Geschichten von BIPOC-Athlet*innen. Zudem hat sie ein Bannerangebot (Link) erstellt, das es Vereinen und Verbänden leichtmacht, ein erstes visuelles Zeichen gegen Rassismus an Trainings- und Wettkampfstätten zu setzen.
Weitspringerin Maryse Luzolo wünscht sich mehr Verständnis und Reflektion – auch von anderen Sportler*innen. Rassismus sei nicht immer laut. Auch kleine Fragen und Bemerkungen könnten verletzend sein. Großen Handlungsbedarf sieht sie auch in den sozialen Netzwerken bei rassistischen Kommentaren unter Beiträgen. Hier wünscht sie sich die Unterstützung ihres Verbands. Ihr Appell: „Wir brauchen ein offenes Gespräch über Rassismus.“ Deborah Levi, Bob-Anschieberin ergänzte, dass in der Trainer*innenausbildung Seminare zum Thema Rassismus angeboten werden sollten. So könnte Sensibilität geschaffen werden.
Von Beginn an unterstrichen auch die beiden Sportdirektoren Mario Woldt und Christoph Menke-Salz sowie Bundestrainerin Annett Stein: Rassismus im Sport sei ein Thema, dass aber noch viel zu wenig bearbeitet werde. Im DLV, berichtete Annett Stein, wären bereits erste Anti-Rassismus-Workshops für Trainer*innen durchgeführt worden. Man habe außerdem eine Ansprechpartnerin für die Athlet*innen. Stein bekräftigte: “Anti-Rassismus muss gelebt werden und alle Trainer*innen müssen mit dem Thema umgehen können.“
Auch Mario Woldt, Sportdirektor des DRV, erkannte, dass der interne Anstoß durch Sportler*innen wie Carlotta Nwajide wichtig gewesen sei, es aber nicht dabei bleiben dürfe. Er erachtet es als Notwendigkeit, das Thema Rassismus in die verbandsinterne Trainer*innenausbildung aufzunehmen. Christoph Menke-Salz unterstrich, dass eine Kultur geschaffen werden müsse, in der die Athlet*innen immer zahlreiche Leute hinter sich wüssten. Er wünscht sich über das Thema Rassismus hinaus, den Hockeysport von einer häufig als elitär wahrgenommenen Sportart zu einem „Sport für alle“ zu entwickeln.
Am Ende der Veranstaltung stand das Bekenntnis aller Teilnehmenden, etwas verändern zu wollen – besonders auch auf Verbandsebene. Athleten Deutschland und die Mitglieder der Arbeitsgruppe “Anti-Rassismus” werden sich weiter für Vielfalt und gegen Rassismus im Spitzensport und darüber hinaus starkmachen. Für Dialog und Partnerschaften in diesem Themenfeld stehen wir jederzeit zur Verfügung.