Entwurf zum Sportfördergesetz eröffnet Chancen, bleibt aber hinter Erwartungen zurück
Athleten Deutschland begrüßt den am Donnerstag veröffentlichten Referentenentwurf zu einem Sportfördergesetz. Dieser markiert einen wichtigen Schritt hin zu einem rechtlich abgesicherten, kohärenten und zukunftsfähigen Spitzensportsystem. Nach einem Jahr Stillstand wird der Prozess damit im zweiten Anlauf wieder auf Kurs gebracht.
Stimme der Athletinnen und Athleten darf nicht überhört werden
Nach erster Sichtung ist erfreulicherweise festzuhalten, dass viele zentrale Regelungen und Inhalte aus dem Entwurf der vergangenen Legislaturperiode erhalten geblieben sind. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Führung übernimmt und den Reformprozess auf die politische Spur zurückbringt“, sagt Geschäftsführer Johannes Herber und unterstreicht: „Der Entwurf eröffnet Chancen, bleibt aber in entscheidenden Punkten hinter den Erwartungen der Athletinnen und Athleten zurück.“
Wir befürworten grundsätzlich das Anliegen der Bundesregierung, dem Vorstand durch die Verkleinerung des Stiftungsrat und der Entmachtung des Sportfachbeirats mehr Gestaltungsspielraum zu geben. Dabei aber auf die Stimme der Athletinnen und Athleten zu verzichten, ist nicht nachvollziehbar. „Schon in den Entscheidungsstrukturen des organisierten Sports wird die Athletenvertretung marginalisiert; nun soll sie lediglich eine von zwanzig Stimmen in einem rein beratenden Sportfachbeirat sein. Damit bleibt die Perspektive jener außen vor, die unmittelbar von den Entscheidungen der neuen Agentur betroffen sein werden“, kommentiert Herber.
Athletenvertretung mit Stimmrecht ist unverzichtbar
Eine wirksame und unabhängige Athletenvertretung mit Stimmrecht in den zentralen Aufsichtsstrukturen ist unverzichtbar, um Legitimität, Akzeptanz und eine tatsächliche Ausrichtung an den Bedürfnissen der Leistungsträgerinnen und Leistungsträger zu gewährleisten. Darüber hinaus sieht der Entwurf keine verbindlichen Anforderungen an den organisierten Sport zum Schutz vor Gewalt und Missbrauch vor – Fördermittel sollen weiterhin auf Grundlage bloßer Eigenerklärungen vergeben werden. Angesichts der jüngsten Häufung öffentlich gewordener Fälle von Gewalt und Missbrauch im Spitzensport sowie der signifikanten finanzielle und personellen Ressourcen, die bislang in den Aufbau eines Zentrums für Safe Sport geflossen sind, ist das nicht nachvollziehbar.
Zwingende Voraussetzungen für Erhalt von Steuergeldern
Aus Sicht von Athleten Deutschland müssen die Umsetzung des Safe Sport Codes und der Anschluss an das Zentrum für Safe Sport zwingende Voraussetzungen für den Erhalt von Steuergeldern sein. Der Schutz vor Gewalt und Missbrauch darf nicht dem guten Willen einzelner Akteure überlassen werden, sondern muss verbindlich gewährleistet sein.
Dagegen positiv hervorzuheben ist die geplante Stärkung der individuellen Förderung von Athletinnen und Athleten über rein sportbezogene Bedarfe hinaus (§ 6). Die Einführung eines solchen Förderbausteins in Form eines Individualbudgets ist ein lang gehegter Wunsch von Athleten Deutschland. Dieser kann entscheidend dazu beitragen, strukturelle Lücken zu schließen und Athletinnen und Athleten in Situationen zu unterstützen, in denen sie ihr Umfeld eigenverantwortlich organisieren oder bestehende Fördermechanismen nicht greifen. In diesem Zusammenhang ist auch die vorgesehene Verankerung ordnungsgemäßer Geschäftsführung als Fördervoraussetzung ein sinnvoller Schritt, der jüngsten Entwicklungen in einzelnen Verbänden Rechnung trägt (§ 4).
Reformprozess konstruktiv begleiten
Nach der Veröffentlichung wird Athleten Deutschland den Entwurf sorgfältig analysieren, im engen Austausch mit relevanten Akteuren im System bewerten und den weiteren Reformprozess konstruktiv begleiten. Wir werden unsere Positionen substanziell in die kommenden Beratungen einbringen und uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Perspektiven der Athletinnen und Athleten im Gesetzgebungsprozess verbindlich verankert werden.