Gewalt und Missbrauch, Pressemitteilung, Schutz

Hintergrundinformationen zur Erarbeitung rechtlicher Grundlagen für eine effektive Aufgabenwahrnehmung des unabhängigen Zentrums für Safe Sport (ZfSS)

1. Hintergrund

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) führt seit Dezember 2022 einen Stakeholderprozesses zur Entwicklung einer Roadmap zum Aufbau des Zentrums für Safe Sport. In diesem Prozess sind zahlreiche Fragen aufgekommen, insbesondere rechtlicher und organisatorischer Natur. Diese Fragestellungen sind Gegenstand einer im Ergebnis auch mit BMI abgestimmten ausführlichen Leistungsbeschreibung von DOSB und Athleten Deutschland, die Grundlage für eine juristische Begutachtung durch eine Anwaltskanzlei zur Klärung dieser Fragestellungen ist.

2. Erstellung der Leistungsbeschreibung und Kernprinzipien der Begutachtung

Die Beauftragung eines Rechtsgutachtens durch DOSB und Athleten Deutschland erfährt breite Unterstützung seitens der involvierten Akteur*innen im Rahmen des Stakeholderprozesses des BMI zum Zentrum für Safe Sport. Es ist als „Serviceangebot“ von DOSB und Athleten Deutschland für die Stakeholder angelegt. DOSB und Athleten Deutschland wollen fortwährend sicherstellen und ihr Möglichstes tun, dass das Projekt von Anfang bis Ende von den Prinzipien der Ergebnisoffenheit, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Zugänglichkeit getragen ist.

Alle Stakeholder konnten mehrfach Fragen und Themenschwerpunkte einreichen, die nach Möglichkeit bei der Finalisierung der Leistungsbeschreibung berücksichtigt wurden. Das Feedback wurde katalogisiert. Es wurde den Feedbackgeber*innen transparent nachvollziehbar gemacht, welche Fragen auf welche Art und Weise in der Leistungsbeschreibung umgesetzt wurden. Die Leistungsbeschreibung wurde im Zeitraum von April bis Anfang Juni 2023 erstellt und finalisiert.

Der inhaltliche Fokus der Leistungsbeschreibung konzentriert sich auf drei Bereiche:

  1. Erstellung eines Safe Sport Codes („SSC“)
  2. Beantwortung von Fragen zur organisatorischen Ausgestaltung des Zentrums für Safe Sport
  3. Beantwortung von Fragen zum Anwendungsbereich und zur Implementierung des SSC

3. Beauftragung und Finanzierung der Begutachtung

Die Beauftragung zur Erfüllung der Leistungsbeschreibung wurde von DOSB und Athleten Deutschland vorgenommen. Das BMI unterstützt die Begutachtung durch zusätzliche Fördermittel an Athleten Deutschland i.H.v. 10.000 € im Rahmen des oben genannten Stakeholderprozesses. DOSB und Athleten Deutschland bedanken sich für die finanzielle, ideelle und logistische Unterstützung des BMI, das den übergeordneten Stakeholderprozess koordiniert.

Des Weiteren fließen Eigenmittel des DOSB sowie eine Zuwendung durch die Oak Foundation an Athleten Deutschland im hohen fünfstelligen Bereich in die Beauftragung mit ein. Athleten Deutschland und DOSB tragen je hälftig zur Finanzierung des Rechtsgutachtens bei.

4. Gutachtenauftrag und -umsetzung

Auf Basis der Leistungsbeschreibung führten DOSB und Athleten Deutschland eine ausführliche Bieterphase unter Einbeziehung des BMI mit mehreren potenziellen Auftragnehmer*innen von Anfang Juni bis Anfang Juli durch. Den Zuschlag erhielt die Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein (ASD) rund um das Team von Rechtsanwalt Alexander Engelhard.

Die Phase der Leistungserstellung begann Anfang Juli. ASD stand und steht im regelmäßigen Austausch mit DOSB und Athleten Deutschland. Inhaltliche Zuarbeit und die Klärung von Rückfragen werden von beiden Auftraggebern partnerschaftlich gewährleistet, auch unter Einbeziehung weiterer Expert*innen.

Im Rahmen der Erstellung der Roadmap des übergeordneten Stakeholderprozesses priorisierte die Kanzlei bis Anfang August offene Fragen zur Governance des Zentrums sowie zu dessen Untersuchungs- und Sanktionskapazitäten. Vorläufige Ergebnisse zu diesen Fragen wurden dem BMI zur Berücksichtigung bei der Erstellung der Roadmap zum Zentrum für Safe Sport zur Verfügung gestellt. Im Anschluss wurden Fragen der Bindungswirkung des SSC priorisiert behandelt.

Die vorläufigen Arbeitsergebnisse zur gesamten Leistungsbeschreibung inklusive eines Entwurfs für den Safe Sport Code mit materiellem und prozessualem Teil liegen Athleten Deutschland und DOSB als Auftraggeber seit Mitte November 2023 vor.

5. Ausblick und nächste Schritte

Die derzeitige Planung sieht vor, die vorläufigen Arbeitsergebnisse der Kanzlei unter Einbindung der Beteiligten in zwei Rückfragerunden weiter zu schärfen. In einer ersten Rückfragerunde im November 2023 haben DOSB und Athleten Deutschland bereits Rückfragen an ASD auf Basis der vorläufigen Ergebnisse und im Rahmen der Leistungsbeschreibung gestellt. Diese Vorgehensweise wurde mit dem Kernteam des Stakeholderprozesses des BMI im November abgestimmt.

In einer zweiten Runde sollen Rückfragen der Stakeholder zu den vorläufigen Ergebnissen der gesamten Leistungsbeschreibung über den Jahreswechsel und über einen mehrwöchigen Zeitraum zugelassen werden. Wir verstehen diese Rückfragerunde als Angebot an die Stakeholder, ihre jeweilige Expertise zu einem Zeitpunkt einfließen lassen zu können, der es der Kanzlei ermöglicht, die Arbeitsergebnisse im Hinblick auf ihre Plausibilität und Qualität noch einmal zu überprüfen. Dieses Angebot soll ebenfalls einen Beitrag zur Integrität der Begutachtung leisten, indem alle Stakeholder gleichberechtigt sowie transparent Rückfrage- und Hinweismöglichkeiten erhalten und allen ausreichend Zeit zur Verarbeitung der vorläufigen Ergebnisse eingeräumt wird.

Alle Rückfragen aus beiden Rückfragerunden werden katalogisiert und aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit – analog zur Erstellung der Leistungsbeschreibung – dokumentiert. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit von Hinweisen und Rückfragen sowie die Einschätzung, ob diese von der Leistungsbeschreibung abgedeckt sind, obliegt letztlich der Kanzlei. Der Umgang mit entsprechenden Hinweisen und Rückfragen wird – analog zur Erstellung der Leistungsbeschreibung – transparent dokumentiert.

Im Rahmen einer für Ende Januar 2024 terminierten Stakeholdersitzung sollen die Ergebnisse des Gutachtens vorgestellt werden. Dabei sollen auch deren Auswirkungen und mögliche Integration in die vorläufige Roadmap für die Einrichtung des Zentrums für Safe Sport erörtert werden, die im übergeordneten Stakeholderprozess im August erarbeitet und vorgestellt wurde. Bei der Sitzung für die Stakeholder im Januar 2024 soll es auch Raum für Rückfragen an die Kanzlei geben. Anschließend soll das Gutachten finalisiert und veröffentlicht werden. Die finalen Ergebnisse können den weiteren Aufbau und die Ausgestaltung des Zentrums für Safe Sport idealerweise bereichern, um eine möglichst effektive Wahrnehmung der ihm zugeschriebenen Aufgaben sicherzustellen.

6. Querbezüge zum Projekt der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS)

Das Institut für Sportrecht an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) widmet sich seit April 2023 der Erarbeitung eines Safe Sport Codes im Rahmen eines vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) geförderten Serviceforschungsprojekts. Das Projekt, welches in Kooperation mit zwei olympischen Spitzenverbänden durchgeführt wird, endet zum 31.12.2023. Der Abschlussbericht erfolgt spätestens zum 31.03.2024.

Nur ein einheitliches, sportartenübergreifendes, allseits akzeptiertes und bindendes Regelwerk kann zukünftig die Grundlage für eine effektive Aufgabenwahrnehmung des Zentrums für Safe Sport sowie sportinterner Stellen sein. Deshalb besteht der Wunsch von Athleten Deutschland und DOSB – sowie die Bereitschaft von ASD – zu einem möglichst engen Austausch mit Herrn Prof. Dr. Nolte und Frau Dr. Bechtel von der DSHS weiterhin fort. Aus unserer Sicht ist es daher wichtig, die Ergebnisse des Forschungsprojekts der DSHS und des Gutachtens von ASD umfassend zu würdigen und nach Möglichkeit in Einklang zu bringen.

7. Danksagung

Unser Dank gilt allen Beteiligten, den Stakeholdern des übergeordneten Stakeholderprozesses des BMI sowie dem Team von ASD, ohne die die Realisierung des Gutachtens nicht möglich gewesen wäre. Wir hoffen, mit der vorstehend beschriebenen Zusammenarbeit gemeinsam einen substanziellen Beitrag zum Gelingen des Zentrums für Safe Sport und damit einem Sport frei von Gewalt und Missbrauch zu leisten.

Bei der gemeinsamen Beauftragung von ASD durch DOSB und Athleten Deutschland handelt es sich um die erste Kooperation in dieser Größenordnung und Tragweite seit Gründung Athleten Deutschlands. Wir danken DOSB für die vertrauensvolle, partnerschaftliche und konstruktive Zusammenarbeit.