Olympische Spiele in Paris
Paris – ein würdiger Gastgeber
Mit der Abschlusszeremonie am Sonntag endeten die 33. Olympischen Sommerspiele in Paris – ein unvergesslicher Karriere- und Lebenshöhepunkt für die Athletinnen und Athleten. Mit ihren Wettkämpfen und Leistungen haben sie Zuschauerinnen und Zuschauer weltweit in ihren Bann gezogen.
Die Spiele von Paris starteten mit einer spektakulären Eröffnungsfeier entlang der Seine. „Das historische Ensemble der französischen Hauptstadt war atemberaubend. Ob Beachvolleyball vor dem Eiffelturm oder Fechten im Grand Palais – die Athletinnen und Athleten durften ihre Leistungen und Sportarten vor den geschichtsträchtigen Wahrzeichen der Metropole eindrucksvoll in Szene setzen. Die Bilder werden in Erinnerung bleiben. Die Wettkämpfe haben eine Begeisterung entfacht, die hoffentlich noch lange nachwirken wird”, sagt Karla Borger, Präsidentin von Athleten Deutschland. Welches soziale, wirtschaftliche und ökologische Erbe die Spiele tatsächlich hinterlassen werden, wird sich im Rahmen abschließender Evaluationen und Analysen noch zeigen müssen.
Athletinnen und Athleten mit herausragenden Leistungen
Mit Blick auf die Sportlerinnen und Sportler führt Borger weiter aus: „Auf den Laufbahnen, im Wasser, auf Asphalt und im Sand haben die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer viele inspirierende Momente geschaffen und mit bemerkenswerten Leistungen überzeugt.” Johannes Herber, Geschäftsführer von Athleten Deutschland ergänzt: „Die Athletinnen und Athleten haben sich ihren Traum von Olympia, manche auch den einer Medaille erfüllt. Einige treten die Heimreise mit guten Platzierungen und neuen Bestwerten an. Manche haben ihr Ziel zwar verfehlt, dafür aber kostbare Erfahrungen und neue Motivation gesammelt.“
„Wichtig ist jetzt, dass alle Aktiven auch weiterhin unterstützt werden. Gerade mentale Unterstützungsangebote sind im Nachgang von Karrierehöhepunkten – wie den Spielen – erforderlich”, unterstreicht Herber.
Optimale Bedingungen für Team D
Vor Ort genossen die Athletinnen und Athleten bestmögliche Bedingungen. „Die Mitarbeitenden des DOSB haben ein optimales Umfeld für das Team D geschaffen. Die Organisation rund um die Spiele verlief reibungslos und das Deutsche Haus im Stade Jean-Bouin war eine wunderbare Begegnungsstätte für die deutsche Community”, sagt Pia Greiten, Ruderin und Bronzemedaillen-Gewinnerin von Paris.
Aufbruchstimmung zur Schaffung eines leistungsfähigen Fördersystems in Deutschland
Die Spiele haben verdeutlicht: Das deutsche Sportfördersystem ist derzeit nur bedingt in der Lage, das Potenzial der Athletinnen und Athleten so zu entwickeln, dass sie in der Breite der Disziplinen international wettbewerbsfähig sind. Dazu sagt Herber: „Wenn wir als Gesellschaft Höchstleistungen und Erfolge bejubeln möchten, benötigen wir ein leistungsfähiges Fördersystem, das den Athletinnen und Athleten optimale Rahmenbedingungen zur Entfaltung ihrer Potenziale ermöglicht.“
Im Zuge der laufenden Spitzensportreform nehmen wir eine Aufbruchsstimmung wahr. Bund, Länder und Sport gehen bestehende Ineffizienzen und Fehlentwicklungen systematisch und nach unserem Eindruck entschlossen an, um die Leistungsfähigkeit des Fördersystems deutlich zu verbessern und die Potenziale der Athletinnen und Athleten besser zu entwickeln.
Zu nennen sind ein optimiertes Gesamtstützpunktsystem, flexiblere und entbürokratisierte Förderverfahren für Verbände sowie die Gründung einer Leistungssportagentur. Diese soll die Verteilung der Fördergelder unabhängig und damit wirksamer ausgestalten, aber auch eine Kontrolle zum effizienten Mitteleinsatz einführen.
Auch die Bedingungen und die Ausbildung der Trainerinnen und Trainer sollen verbessert werden. Um die derzeit heterogene Verbandsarbeit zu verbessern, benötigen wir zudem hochqualifiziertes Leistungssportpersonal in der Fläche sowie Anreizmechanismen, die gute Verbandsarbeit belohnen und Fehlleistungen korrigieren bzw. sanktionieren.
Neben Strukturreformen auch Belange der Menschen im System wichtig
Neben all den langfristigen Strukturreformen hoffen wir, dass die Sorgen und Nöte der Athletinnen und Athleten sowie ihrer Trainerinnen und Trainern verstärkt in den Fokus der sportpolitischen Bemühungen rücken. Sie bilden die zentrale Einheit für die Entfaltung sportlicher Potenziale. Ihnen muss es gut gehen, um Höchstleistungen zu erbringen. Wer für Deutschland an den Start geht, darf keine existenziellen Nöte haben.
„Spitzensport ist kein alimentiertes Hobby, sondern ein Berufsfeld mit enormen Risiken, Kosten und Entbehrungen. Deshalb wünschen wir uns, dass mit dem geplanten Sportfördergesetz ein Mindestmaß an sozialer wie materieller Absicherung für die Athletinnen und Athleten geschaffen wird und damit Schutzlücken geschlossen werden”, bekräftigt Herber.
Rahmende nationale Spitzensportstrategie vorgeschlagen
Was der Spitzensport bewirken kann, haben die Spiele in Paris gezeigt. „Wir wollen mehr davon. Wir wünschen uns, dass die Leistungen der Athleten nah- und greifbarer für unsere Gesellschaft werden. Die Mehrwerte des Spitzensports sollen stärker in die Gesellschaft getragen werden, etwa im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen und durch mediale Sichtbarmachung – und das nicht nur alle vier Jahre bei Olympischen Spielen”, wünscht sich Herber. „Ein belebendes Narrativ zum Warum und Wie der Spitzensportförderung – inklusive der Ausrichtung von Olympischen Spielen – fehlt in Deutschland seit Jahren. Mit dem Start der Zieldebatte hoffen wir, mit dem DOSB einen Beitrag zu einer solchen sinnstiftenden Erzählung leisten zu können.“
Die Frage nach der Eignung des Medaillenspiegels als ultimativen Gradmesser des Erfolgs ließe sich damit leichter beantworten. „Aus unserer Sicht haben die Spiele in Paris wieder einmal verdeutlicht: Nur das Zusammenzählen von Medaillen verschleiert die persönlichen Geschichten unserer Athletinnen und Athleten, ihre individuellen Bestleistungen und ihre knappen, oft schmerzvollen Niederlagen”, resümiert Karla Borger.
Eine reine Medaillenmaximierung könnte außerdem bedeuten, Teamsportarten aufgrund ihres marginalen Beitrags zum Gesamterfolg kaum zu fördern. Genauso könnten Sportarten mit hoher internationalen Konkurrenzdichte trotz großer Beliebtheit beim deutschen Publikum und im Breitensport durchs Raster fallen. Es ist fraglich, ob das wirklich gewollt ist.
Eine rahmende, nationale Spitzensportstrategie mit einem gemeinsam getragenen Leitbild ist deshalb dringend notwendig. Die zahlreichen, aber oft parallellaufenden Reformprozesse in der nationalen Spitzensportpolitik bilden bereits geeignete Puzzleteile für einen solchen strategischen Rahmen.
Fernziel der Heimspiele in Deutschland – möglicher Treiber und Motivator
Mareike Miller, Präsidiumsmitglied bei Athleten Deutschland, untermauert: „Nach den Pandemiespielen von Tokio haben wir endlich wieder eine große Sportparty mit Fans sowie Zuschauerinnen und Zuschauern vor Ort erlebt. Paris hat in vielerlei Hinsicht Maßstäbe gesetzt. Es wäre die größtmögliche Motivation für deutsche Athletinnen und Athleten, in den Genuss eines vergleichbaren Erlebnisses vor heimischer Kulisse in Deutschland kommen zu dürfen.“
Die jüngste, sehr begrüßenswerte Bundeshaushaltsaufstellung und die Unterstützung für eine deutsche Olympiabewerbung sind ein klares Bekenntnis der Politik zum Spitzensportstandort Deutschland. „Mit dem Fernziel der Heimspiele könnte zusätzlich Schub in die Reformbemühungen kommen“, so Miller weiter. Die Karrieren von Athletinnen und Athleten sind kurz und fragil. Sie zeigen im Trainingsalltag und im Wettkampf ein extremes Maß an Einsatz- und Opferbereitschaft. Sie dürfen daher zu Recht erwarten, dass es Verantwortlichen in Sport und Politik nach fast zehn Jahren anhaltender Reformbestrebungen rasch gelingt, für zeitnahe Umsetzung zu sorgen.
Vorfreude auf die Paralympischen Spiele
„Nach den Spielen ist vor den Spielen: Deshalb freuen wir uns nun auf die Paralympischen Spiele ab Ende August. Wir hoffen, dass den paralympischen Athletinnen und Athleten ebenso große Aufmerksamkeit zuteilwird und sie den Zauber von Paris aufsaugen können”, sagt Borger. Das Team D Paralympics wird erfreulicherweise mit mehr Athletinnen und Athleten in Paris an den Start gehen als zuletzt in Tokio 2021.
Weiterführende Informationen
- April 2024: Appell von Athleten Deutschland und dem Bundesverband der Trainer/innen im deutschen Sport (BVTDS) zum Sportfördergesetz
- März 2023: Stellungnahme von Athleten Deutschland zum Referentenentwurf zum Sportfördergesetz
- September 2023: Feinkonzept zur Nachsteuerung und Optimierung der Förderung des Leistungs- und Spitzensports in Deutschland
- September 2023: Stellungnahme von Athleten Deutschland zum Feinkonzept der Spitzensportreform
- August 2022: Positionspapier von Athleten Deutschland: „Warum ist es uns das wert? Zur Gretchenfrage der staatlich geförderten Spitzensportförderung“